Wenn wir an Kinderernährung denken, kommen uns sofort Worte wie „Gemüse“, „weniger Zucker“ oder „ausgewogene Mahlzeiten“ in den Sinn. Doch was passiert im Körper unserer Kinder wirklich?
Wie wirken Nährstoffe, Darmflora, Zusatzstoffe und moderne Lebensmittel auf Konzentration, Stimmung und Verhalten?

In meiner neuen Podcast-Folge spreche ich mit Ernährungswissenschaftlerin Verena Feifel darüber, was Kinder heute wirklich brauchen – und wie Eltern sie mit kleinen, alltagstauglichen Schritten bestmöglich unterstützen können.

Warum Kinderernährung heute wichtiger ist als je zuvor

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Ihr Stoffwechsel, Nervensystem und Gehirn befinden sich in einer intensiven Entwicklungsphase. In dieser Zeit legt Ernährung den Grundstein – nicht nur für körperliches Wachstum, sondern auch für emotionale Stabilität, Konzentration und Lernfähigkeit.

Besonders spannend: Mikronährstoffdefizite bei Kindern treten häufiger auf, als viele denken. Und sie zeigen sich nicht immer sofort – oft erst in subtilen Signalen wie Müdigkeit, Unruhe oder Stimmungsschwankungen.

Mikronährstoffe: Kleine Stoffe mit großer Wirkung

Eisen, Zink, Vitamin D und B-Vitamine sind entscheidend für Konzentration, Energie und Immunsystem. Fehlen sie, kann das Gehirn nicht optimal arbeiten – und Kinder wirken müde, reizbar oder haben Schwierigkeiten, sich zu fokussieren.

Wichtig ist dabei nicht die perfekte Ernährung, sondern Vielfalt:

  • täglich buntes Obst und Gemüse
  • gute Eiweißquellen (Fisch, Eier, Hülsenfrüchte)
  • gesunde Fette aus Nüssen, Saaten und hochwertigen Ölen
  • und eine natürliche Basis mit möglichst wenig hochverarbeiteten Produkten

Auch Vitamin B6 spielt eine Schlüsselrolle für die Nervenfunktion und die Bildung von Neurotransmittern – also der Botenstoffe, die für Stimmung und Konzentration wichtig sind.

Das Darmmikrobiom – Fundament für Immunsystem und Psyche

Der Darm eines Kindes ist wie ein Ökosystem, das sich in den ersten Lebensjahren erst richtig aufbaut. Eine vielfältige Ernährung unterstützt dieses Mikrobiom, während Antibiotika, Zucker und Zusatzstoffe es schwächen können.

Das Mikrobiom hat nicht nur Einfluss auf die Verdauung, sondern auch auf die Psyche. Studien zeigen, dass Darmbakterien über die sogenannte „Darm-Hirn-Achse“ mit dem Gehirn kommunizieren und so Stimmung und Verhalten beeinflussen.

Praktische Tipps:

  • regelmäßig ballaststoffreiche Lebensmittel anbieten
  • fermentierte Produkte wie Joghurt, Kefir oder mildes Sauerkraut integrieren
  • Lebensmittelvielfalt fördern – auch wenn nicht alles sofort gemocht wird

Blutzucker & Verhalten: Warum Stimmung oft auf dem Teller beginnt

Viele Eltern kennen das: Nach dem süßen Snack kippt plötzlich die Stimmung oder die Konzentration lässt nach. Der Grund liegt oft in der Blutzuckerregulation.

Ein starker Anstieg und rascher Abfall des Blutzuckers kann Reizbarkeit, Müdigkeit oder Heißhunger auslösen. Das gilt besonders bei Kindern, deren Stoffwechsel empfindlicher reagiert.

Die Lösung ist einfach:

  • jede Mahlzeit sollte Proteine, gesunde Fette und komplexe Kohlenhydrate enthalten
  • Snacks wie Obst mit Nussmus, Gemüsesticks mit Hummus oder Naturjoghurt mit Beeren halten den Blutzucker stabil

Mehr Tipps dazu findest du in meiner letzten Podcast-Folge über die UNICEF-Studie und gesunde Snacks – dort zeige ich, wie du die Jausenbox deines Kindes nährstoffreich und lecker gestaltest.

Picky Eating: Wenn Kinder „nichts mögen“

Dass Kinder bestimmte Lebensmittel ablehnen, ist völlig normal. Die sogenannte Neophobie – also die Angst vor Neuem – ist eine normale Entwicklungsphase. Sie schützt Kinder evolutionär davor, Unbekanntes zu essen.

Statt Druck hilft hier Geduld:

  • wiederholtes Anbieten (manchmal 10–15 Mal, bis ein Kind Neues probiert)
  • gemeinsam Kochen – Kinder, die mithelfen, essen eher mit
  • positives Vorbild: Eltern, die selbst Gemüse genießen, wirken stärker als jede Predigt

Wichtig ist, dass Essen kein Machtkampf wird. Wenn Kinder Freude am Essen entwickeln dürfen, kommt die Vielfalt mit der Zeit von selbst.

Moderne Themen, die kaum besprochen werden

Ernährung & mentale Gesundheit

Neue Studien zeigen: Mikronährstoffe wie Omega-3-Fettsäuren, Eisen, Zink und Vitamin B6 spielen eine zentrale Rolle bei Konzentration, Impulskontrolle und Stimmung.
Auch das Thema Ernährung bei ADHS oder emotionaler Dysbalance wird immer stärker erforscht – und liefert erste Hinweise, dass eine gezielte Nährstoffzufuhr die mentale Balance unterstützen kann.

Ein spannender Ansatz dabei ist der Einsatz von Safranextrakt: In Studien zeigte Safran positive Effekte auf Aufmerksamkeit, Schlafqualität und Stimmung bei Kindern.

Zusatzstoffe & hochverarbeitete Lebensmittel

Nicht nur Zucker ist problematisch – auch Farbstoffe, Emulgatoren und künstliche Aromen können das kindliche Mikrobiom beeinflussen. Diese Stoffe kommen oft in vermeintlich „gesunden“ Snacks, Müsliriegeln oder Kinderjoghurts vor.

Je natürlicher und kürzer die Zutatenliste, desto besser. Kinder brauchen kein „Kinderprodukt“, sondern echte, unverarbeitete Lebensmittel.

Mikroplastik – das unsichtbare Risiko

Ein Thema, das viele Eltern noch kaum auf dem Schirm haben: Mikroplastik.
Kinder nehmen im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht deutlich mehr Mikroplastik auf als Erwachsene – etwa durch Verpackungen, Trinkflaschen oder Fertigprodukte.

Noch gibt es keine endgültigen Erkenntnisse über die Langzeitfolgen, aber es spricht vieles dafür, bewusster mit Verpackungen umzugehen: Glas statt Plastikflaschen, frische Lebensmittel statt abgepackter Snacks.

Fazit

Ernährung im Kindesalter ist weit mehr als die Summe der Mahlzeiten. Sie beeinflusst, wie unsere Kinder denken, fühlen und lernen.
Mit mehr Bewusstsein, einfachen Routinen und kleinen Anpassungen können Eltern einen riesigen Unterschied machen – ganz ohne Dogma, aber mit Herz, Wissen und Freude am Essen.

Quellen

  • Hong S. et al., Essential micronutrients in children and adolescents (2025, PMC)
  • Fang P. et al., Associations of single and multiple vitamin levels with oral mucosal diseases in children (2025, Frontiers in Nutrition)
  • Rivera J.A. et al., The Effect of Micronutrient Deficiencies on Child Growth (ScienceDirect, 2023)
  • Jafari Nodoushan A. et al., Dietary Intake of Macro- and Micronutrients in children (JPP, 2021)
  • Clinical Education Review, Paediatric Brain Health and Cognitive Support (2024)
  • Healthline, Can Saffron Help with ADHD Symptoms? (2023)
  • DeltaPsychology, Nutraceuticals for Managing ADHD (2025)
  • Australian Clinical Practice Guidelines, Micronutrient deficiency in children (RCH, 2024)
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